Keramik Manufaktur Kupfermühle
25551 Hohenlockstedt, Gleiwitzer Straße 14
Die Firmengeschichte 1984 - 1992 Teil 4
1984 Auch dieses Jahr hatte 365 Tage - sonst war wohl nichts Besonderes.
1985 Bisher ging es nominal immer noch ein bisschen aufwärts, das Maximum mit 6.128.000 DM Jahresumsatz ist erreicht. Inflationsbereinigt aber schon ein Rückgang.
1986 Es wird ernst. Im Sommer ein katastrophales Auftragsloch. Keramik ist beim Verbraucher nicht mehr "in", die Preise inländischer Hersteller sind durchgehend zu hoch, die Importe drücken. Es beginnt die Phase, wo der Herbst nicht mehr das Jahresergebnis rettet und wo Umsatz und Ertrag von Jahr zu Jahr schrumpfen. Trotzdem holen wir noch einmal tief Luft und realisieren einen weiteren Anbau für Spritzerei, Malerei, Sortierung und, ganz neu, Montage. Immer mehr zugekaufte Teile wie Uhrwerke, Knöpfe, Griffe, Ketten, Dichtungen müssen montiert oder geklebt werden. Es ist die mit fast 800.000 DM größte und teuerste Erweiterung der Firmengeschichte. Der Platz wird gebraucht, um im unverzichtbaren Sortimentsbereich „Geschirr“ auf Steinzeug umstellen zu können und dadurch die Stellung als Lieferant von Premiumqualität zu halten. Hierzu wird auch der Laborbereich erheblich aufgerüstet, und es wird in Präzisionsbrennöfen investiert.
Exkurs V
Was ist überhaupt a) Steingut, b) Majolika, c) Steinzeug, d) Porzellan? Ein Überblick über die Fachbereiche der Feinkeramik
a) Weiße Grundmasse, porös, bruch- und schlagempfindlich.
b) Dito, aber eisenoxidhaltiger Ton macht die Grundmasse rotbraun.
c) Masse ohne Kalk, höher gebrannt, unporös, teilverglast, doppelte Festigkeit.
d) Außer Konkurrenz läuft Porzellan. Weißer Kaolin statt Ton, plus Quarz und Feldspat führen bei nochmal um 100 bis 300 Grad höherer Brenntemperatur (es gibt verschiedene Porzellane) zu weitgehender innerer Verglasung. 3 bis 4-fache Festigkeit gegenüber a) und b), aber die hohe Brenntemperatur lässt keine Farb- und Mattglasuren mehr zu. Produktionstechnik und Produktcharakter unterscheiden sich so stark von a) b) c), dass sich auch das Publikum geschmacklich recht eindeutig in Porzellan- oder Keramikliebhaber teilt.
Für alle feinkeramischen Produkte gilt, dass die jeweilige Brenntemperatur die wichtigste Konstante für die Möglichkeiten im Design und im Bereich der technischen Eigenschaften ist. Sie muss in der Produktion mit etwa 1% Genauigkeit eingehalten werden.
Die KMK hat seit 1949 Majolika hergestellt und bei 1050 Grad in Elektroöfen gebrannt. Da gibt es nun zwei Probleme, die zunehmend stören und endlich gelöst werden müssen. Nämlich die mangelnde Schlagfestigkeit, und damit verbunden der Zwang zur rustikalen Gestaltung, sprich dickwandig und abgerundet. Das hat bis 1985 durchaus dem Zeitgeist entsprochen, nun aber wird der Stil allgemein eleganter, eher zart und dünnwandig. Kräftige Farben bleiben aber gefragt, da liegt weiterhin unsere Chance.
Nun also auch Steinzeug! Nach langem Zögern fällt die Entscheidung, dass daran kein Weg vorbei führt. Die technologischen Erfahrungen aus der Wächtersbacher Steinzeugproduktion 1980-82 helfen dabei enorm. Die Brenntemperatur muss innerhalb folgender Grenzen liegen: Mindestens 1120 Grad, um eine robuste und natürlich dichtbrennende hellgraue Steinzeugmasse hinzukriegen. Höchstens 1200 Grad, um die mögliche Farbpalette nicht zu verlieren. Unter 1180 Grad, damit die vorhandenen Brennöfen noch mitmachen.
Bei 1140 Grad pendelt sich die Sache schließich ein. Leider schrumpfen die Teile dabei im Gegensatz zu Steingut und Majolika um linear 5% und körperlich um 15%. Dadurch wird Steinzeug unporös, weitaus härter und entsprechend schlagfest, aber es wird im Brand weich und verzieht sich leicht. Technisch hat das mannigfaltige Folgen, summa summarum verteuert sich die Rohlingsherstellung um 50%. Viele Teile lassen sich in Steinzeug gar nicht herstellen, z.B. plastisch gepresste Becher oder zylinderförmige Vasen und Küchen-Dosen, die nur gut aussehen, wenn die Wände im Brand wirklich beulenfrei gerade bleiben. Und einwandfrei rund müssen sie bleiben, sonst passt kein Deckel. Es ist kein Zufall, dass es solche Teile aus Porzellan gar nicht gibt, denn da ist die Brennschwindung noch weit höher und ebenso die Erweichung im Brand.
Es dauert trotz guter Voraussetzungen fast zwei Jahre, bis die Technologie steht und der Entwurf von Neuheiten zielsicher in Steinzeug und Majolika aufgeteilt werden kann. Die KMK ist ab 1990 so fit, dass die Geschirr-Kollektionen beide Materialien, je nach ihren Vorteilen, gemischt enthalten. Kein anderer Hersteller macht das. Dafür haben wir auch personell aufgerüstet. Den ständig steigenden Entwicklungsaufwand bewältigt jetzt u.a. Bettina Grigull, eine frisch ausgebildetete Keramik-Ingenieurin, die vor ihrem Studium schon im Praktikum einen guten Eindruck hinterlassen hat..
1987 Der Bereich Steinzeug startet mühsam, weil vom Publikum kaum bemerkt. Dass "Zeug" besser ist als "Gut" lässt sich nicht glaubhaft in zwei Sätzen erklären, und die technischen Anlauf- und Lernkosten betragen rund 200.000 DM. Die Form „Karena“ von der externen Designerin Maria Meyring erweist sich erst einige Jahre später mit den Dekoren FLAMENCO und INDIGO als gut gehend; vorerst kommen die Dekore nicht recht an.
1988 schleppt sich so dahin. Erstmals seit vielen Jahren rosa Zahlen. Die rustikale Keramik ist tot, Neues müßte her, aber der Schmetterling klemmt noch in der Puppe.
1989 Der Umsatz ist in 4 Jahren um 22 % gefallen, inflationsbereinigt ist das fast ein Drittel. Das „Sommerloch“ wird zum festen Begriff und dauert von Mai bis Juli, später wird es sich vertiefen und auf April und August ausdehnen. Der Gewinn ist eine mühsam schwarze Null.
Wenn wir die Kurve der Geschäftsergebnisse der letzten Jahre in die Zukunft verlängern .... scheint es recht unwahrscheinlich, dass die KMK das Jahr 2000 noch erlebt.
1990 Mit der zusätzlich eingestellten Designerin Gisela Blomert kommt frischer Wind in die KMK. Auch Kristiane Werner läuft zu neuer Hochform auf. Die Entwicklungskosten (Design, Formenbau, Dekorentwicklung, Serienanlauf) betragen nun 20% und bringen richtig rote Zahlen, aber der Umsatz steigt wieder. Inzwischen haben wir drei gute neue Handelsvertreter, es herrscht ein bißchen Aufbruchsstimmung, und die Kunden beginnen die Runderneuerung endlich zu begreifen.
Apropos Vertreter: Innerhalb weniger Jahre hat ein Generationswechsel stattgefunden. Wir lernen haufenweise Vertreter kennen, indem wir mit jedem Bewerber einen langen Abend verbringen. Erkenntnis: Es gibt erschütternd inkompetente Leute, auf die jedes Vertreter-Klischee zutrifft. Es gibt aber auch überraschend viele seriöse Verkaufsprofis, die unbedingt mit uns abschließen wollen. Offenbar haben wir einen guten Ruf. Einer von denen, die das Rennen machen, sagt später wörtlich über sein Motiv: “Die leben noch, also müssen sie gut sein“. Tatsächlich, die Zahl inländischer Konkurrenten nimmt ständig ab.
Technisch hat die KMK ihre höchste Entwicklungsstufe erreicht, aber auch die Komplexität hat erheblich zugenommen, so dass die Mitarbeiter viel mehr gefordert sind. Zusätzlich zur historisch gefahrenen Brenntemperatur von 1050 Grad gibt es jetzt
• 900 Grad für den Schrühbrand (Vorbrand für 20 bis 30% der Ware)
• 1140 Grad für das Steinzeug-Geschirr
• 700 Grad Dekorbrand für die neu entwickelte Gold- und Platinmalerei
Die Zahl der Arbeitsgänge bis ein fertiges Stück im Lager ankommt hat sich in nur 10 Jahren verdoppelt. Dummerweise ist dadurch die Menge an zweiter Wahl auf 20% gestiegen, denn die Fehlerzahl in der Produktion hat sich ebenfalls verdoppelt, obwohl sie pro Arbeitsgang konstant geblieben ist.
1991 Die Geschäftsführung geht von Peter Nawothnig (61) auf seinen Sohn Ernst-Peter (38) über. Besonders die Genossen legen Wert auf klare Verhältnisse und möchten nicht zwei gleichberechtigte Geschäftsführer haben.
1992 Die Küchenserien (CASTELLO, später auch SESAM und LUNA PARK) werden immer wichtiger, zumal wir damit eine Sonderstellung erarbeitet haben. Mit einigen Schwankungen bringen in den folgenden Jahren die drei Säulen des Sortimentes – Geschirr, Küchenserien, Geschenkartikel – etwa je ein Drittel des Umsatzes.
Was leider gar nicht mehr geht, sind Wandteller. Trotz ständig wiederholter Versuche, das Geschäft mit Wandtellern und Wandplatten zu halten, müssen wir feststellen: Man hängt sich keine Keramik mehr an die Wand. Nicht mal die aquarellartigen Gemälde, die mit traditionellen Wandtellern nichts mehr gemein haben. Besonders schmerzlich ist daran, dass dieser Bereich den größten Teil des Gewinns eingebracht hatte, weil wir dort die Stärken unserer einzigartigen Handmalerei mit Glasuren voll ausspielen konnten. Platt gesagt: Auf einer relativ billigen Unterlage (Teller) konnte mit 20 Minuten ausgefuchster Handmalerei der Preis für 1 gefühlte Stunde künstlerische Arbeit erzielt werden. Aus, vorbei, Ende.
Da wir befürchten, vom harten Brot unseres Marktes nicht mehr leben zu können, soll Berater Dr. Stück erforschen, was diese Firma mit ihrer Belegschaft und ihren technischen Möglichkeiten evtl. anderes zusätzlich herstellen kann. Ohne Ergebnis.