Kohlenmonoxid aus Flugmotoren
1. Risiko: Luftgekühlte Boxer, Reihen- und Sternmotoren
Die getriebelosen Boxermotoren von Lycoming, Continental, Limbach und Sauer stellen den technischen Stand dar, den der Autobau etwa 1960 hatte. Sternmotoren sind noch 20 Jahre älter. Ja, das gilt auch für die Cirrus SR 22. Das Material ist besser geworden, die Konstruktionen sind urzeitlich geblieben. Sie haben nämlich Vorteile: Ohne Getriebe und ohne Kühler / Schläuche / Kühlwasser / Thermostat / kann man Motoren besonders leicht bauen. Und was nicht dran ist, geht nie kaputt. Wenn man bedenkt, wie alt Flugmotoren werden, muss die Einfachbauweise das Ausfallrisiko deutlich reduzieren. Der Nachteil: Solche Motoren müssen fetter laufen als verbrennungstechnisch nötig, sonst würde die einfache Staudruck-Luftkühlung nicht ausreichen. Der Verbrauch, gerechnet in Gramm pro real geleistete kWh, liegt um 25% höher als der moderner Automotoren, und ihr Abgas hat einen extrem hohen CO-Gehalt. Da es keinen Kühler gibt, kann kein Warmwasser für die Kabinenheizung herangezogen werden. Die Wärmetauscher werden direkt vom Abgas durchströmt und geben Wärme an die Kabinen-Frischluft ab. Wenn in diesem Teil des Auspuffs Risse auftreten, besteht für die Insassen unmittelbar Lebensgefahr durch Ohnmacht und nachfolgenden Absturz.
Das ist die größte Gefahr. Sie entsteht nicht schleichend oder am Boden, sondern schlagartig im Reiseflug nach langer Materialermüdung durch Heißgas-Korrosion und Vibrationen.
Der vorerst letzte prominente Flieger, der auf diese Art sein Leben verloren hat, war der Flugzeugkonstrukteur Wolfgang Dallach, und seine Frau saß leider mit im Flugzeug. Die Unfalluntersucher haben das Loch im Inneren des Wärmetauschers schnell gefunden, siehe unten im Bild.
Rotax Motoren: Sie haben Wasserkühlung an den Zylinderköpfen, trotzdem ist die Auspuff-Heizung, je nach Zellen-Hersteller, weiter verbreitet als der Weg übers Kühlwasser. Es heißt, sie sei effektiver wegen der größeren Temperaturdifferenz. Auf jeden Fall spart sie Gewicht und ist mit weniger Aufwand zu bauen.
2. Risiko: Heizungs-Nebenluft aus dem Motorraum; undichte Kabel- und Schlauchdurchführungen im Brandschott
Im Motorraum vagabundiert ständig Abgas und CO. Irgendwelche der vielen Auspuffkomponenten (Krümmer, Rohre, Muffler, Dichtungen, Verschraubungen, Klappendurchführungen) sind immer ein wenig undicht.
3. Risiko: Strömungsverhältnisse bei besonderen Flugzuständen
Bei Pilotundflugzeug.de wurde von einer Cessna 182 RG berichtet, die aus technischen Gründen längere Zeit mit ausgefahrenem Fahrwerk fliegen musste. Der Pilot hatte einen CO-Melder an Bord, der ihm das Leben rettete. Offenbar stand das Fahrwerk im Auspuffstrom und lenkte Abgas durch den nicht abgedichteten Fahrwerkschacht in die Kabine. Im Normalbetrieb dauerte dieser Flugzustand nur 20 Sekunden, da war es nie aufgefallen.
Im Zuge dieser Diskussion steuerten auch andere Piloten ihre Erkenntnisse bei.
a) Dass Motor und Auspuff vorne liegen ist grundsätzlich ungünstig. Die möglichen Abgas-Irrwege wurden bei der Zulassung vor Jahrzehnten und wohl auch bei späteren Nachrüstungen kaum erforscht.
b) Aus Lärmschutzgründen nach hinten verlängerte Schalldämpfer verringern das Risiko für von außen in die Kabine eindringendes Kohlenmonoxid beträchtlich. Es kann aber durch Über- und Unterdruck strömungsbedingte Schleichwege geben, die kein Mensch vorhersieht. Sogar ein Fall von "am Heck rein und drinnen wieder nach vorne" wurde berichtet.
c) Im Start bei hohem Anstellwinkel können im Cockpit "ganz normal" 50 ppm CO gemessen werden. In Reisekonfiguration dann nur ganz geringe Werte bis hin zu Null.
d) Bei Zweimots und Druckkabinen sind die Verhältnisse sehr unterschiedlich, da muss man die Heizluft- und Abgaswege und deren Abdichtung individuell erforschen. Weil die Motoren weit weg sind, gibt es oft separate Benzin-Standheizungen, die wieder ein eigenes Risiko beinhalten.
4. Risiko: Die CO-Wirkung in größerer Höhe
bei relativem Sauerstoffmangel ist kaum kalkulierbar. 100 ppm am Boden sind harmlos, aber was ist in 8.000 ft Höhe? Auf jeden Fall wird CO mit zunehmender Höhe rasant gefährlicher.
Wie sichert man sich?
Die Anwort ist klar: Einen CO-Melder oder ein CO-Messgerät mit Display und kräftig lautem Alarm anschaffen. Einbauen im Flugzeug, oder - Charterer - als persönliche Ausrüstung wie Handfunke und Navi mitführen. Nicht lose herumliegen lassen, sondern so anbringen, dass das Display im Alarmfall ablesbar ist und dass das Gerät nicht im Frischluftstrom der Außenbelüftung hängt. Die Installation wird keinen Schönheitspreis gewinnen - egal. Wenn kein überzeugender Ort gefunden wird, ist die Hemdtasche des Piloten eine gute Wahl.
Welches Gerät man nimmt, muss jeder selbst wissen und verantworten. Der Autor geht mit einem Ei 208 D in die Luft.
Als mobiles Gerät sollte man solche Melder alle 4 Monate testen. Mit mehr als 3 Jahren Lebensdauer kann man unter diesen Betriebsumständen kaum rechnen.
Kohlenmonoxid-Unfälle sind nicht häufig, aber ohne Ausnahme tödlich. Im Gegensatz zu allen anderen Unfalltypen kann man sich vor diesem Exitus für günstiges Geld sicher schützen.
Wer das nicht ernst nimmt, geht ein Risiko von unbekannter Größe ein. Alles was normalerweise die Sicherheit erhöht, wie ein guter Trainingsstand, exakte Flugvorbereitung, kompetenter Wettercheck, Benutzung von Checklisten usw. bleibt hier völlig nutzlos.